Wie kommt der Wohnbau in unseren Bezirk?
Hinter jeder neu gebauten Wohnung steht ein langer Prozess. Wir als Grüne bemühen uns vor allem darum, dass Wohnen auch leistbar bleibt.
Unser Bezirk wächst buchstäblich in alle Richtungen. Im Süden ist er fast so etwas wie ein Stadterweiterungsgebiet mit neuen Wohnanlagen und Hochhäusern, wie in einem Außenbezirk. Die drei Türme des „Triiiple“ ragen bereist in den Himmel, die zweite Bauphase von Eurogate heißt jetzt „Village im Dritten“ und die Bauplätze werden gerade an die Bauträger vergeben. Die drei Türme von „The Marks“ sind bereits in Bau. In den Altbauvierteln nördlich der Schlachthausgasse gibt es kaum eine Straße, in der kein Gründerzeithaus eingerüstet ist und oben Dachgeschoßwohnungen errichtet werden. Allein in die Neubauten werden etwa 10.000 neue LandstraßerInnen einziehen.
Nicht alle sind darüber erfreut. Sei es, weil die neue Wohnanlage die gewohnte Aussicht verstellt oder weil man die Verbauung des benachbarten Grundstücks als zu dicht empfindet. Für Unmut sorgt auch, dass gerade die Hochhauswohnungen für eine durchschnittlich verdienende Familie praktisch unleistbar sind. Die Einwände sind durchaus verständlich und wir haben in der Vergangenheit bei einigen Projekten auch nicht an Kritik gespart. Grundsätzlich bekennen wir uns aber zum Bauen in der gewachsenen Stadt mit vorhandener Infrastruktur. Die Alternative wäre nämlich mehr am Stadtrand und auf Ackerflächen zu bauen, mit allen Nachteilen.
Ein Baugrund muss her
Wie kommt es aber nun, dass scheinbar plötzlich die fertig geplanten Großprojekte in den Bezirk kommen und von den Immobilienentwicklern oder Genossenschaften mit Presseaussendungen in den höchsten Tönen beworben werden? Bevor die PR-Maschinerie zu arbeiten beginnt, laufen die Planungen, Verfahren und Verhandlungsrunden bereits über Jahre. Am Anfang steht ein Grundstück, das für die Bebauung frei wird oder bisher brach gelegen ist. Bei uns im Bezirk sind das ehemalige Eisenbahnanlagen (Aspangbahnhof), Betriebsgelände oder nicht mehr benötigte Gebäude wie das Hauptzollamt bei der Erdberger Lände. Nicht selten kommt es vor, dass die Bundesbahnen oder die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) die Eigentümerinnen sind. Diese agieren aber praktisch genauso wie privatwirtschaftliche Unternehmen, wenn es um ihre Grundstücke geht. Sie haben ein Interesse daran, diese möglichst gut zu verwerten. Die Stadt Wien will wiederum Baugrund „mobilisieren“ damit jedes Jahr genug neue Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Bei einem größeren Areal wie bei den Aspanggründen braucht es zunächst aber ein „Städtebauliches Leitbild“, d.h. einen Masterplan eines Planungsbüros, aus dem hervorgeht, was die Eigentümerin genau vorhat. Auf dieser Grundlage erstellt die zuständige Magistratsabteilung einen ersten Entwurf für eine neue Flächenwidmung. Die bestimmt wo und was genau gebaut werden darf.
Zähe Verhandlungen
Eine Umwidmung zu Bauland bedeutet natürlich auch eine Wertsteigerung des Grundstücks. Und wie immer wenn es um viel Geld geht, beginnt das große Verhandeln zwischen EigentümerIn und Stadt, denn letztere will einen Mehrwert für die Allgemeinheit „zurückholen“. Das kann heißen, dass Baufelder für den geförderten Wohnbau reserviert werden, der bei den Grundstückskosten gesetzlich nach oben limitiert ist. Beim konkreten Fall des „Village“ sind es 50 Prozent der Wohnfächen, die gefördert und damit mietpreisbeschränkt errichtet werden. Außerdem wird ein Teil der öffentlichen Infrastrukturkosten von den Bauträgern übernommen. Das war das Ergebnis langer und zäher Verhandlungen, denn am Ende geht das auf Kosten der Erlöse bei den freifinanzierten Wohnhäusern. Inzwischen schaut die Situation für künftige Wohnbauten aber etwas anders aus. Noch unter rot-grüner Regierung wurde bei größeren Projekten über die Bauordnung ein verpflichtender Anteil von zwei Dritteln an gefördertem Wohnbau eingeführt. Ziel war es, die Position der Stadt und der gemeinnützigen Bauträger zu stärken und den Exzess bei den Wiener Grundstückspreisen einzudämmen. „Wenn die neue Stadtregierung das Instrument richtig anwendet, dann haben wir bald einen erheblich höheren Anteil an geförderten Wohnungen im Neubau“, ist unser Wohnbausprecher im Rathausklub, Georg Prack, vorsichtig optimistisch. Wir werden das auch in Zukunft genau beobachten.
Baustellen im Bestand
Viel mehr als neue Häuser gibt es im Bezirk natürlich den Altbestand, darunter auch große Gemeindebauanlagen. Davon sind noch viele unsaniert und bieten daher einen verminderten Lebensstandard. Im Winter explodieren die Heizkosten und im Sommer ist es unterträglich heiß. „Es braucht einen transparenten, zügigen Sanierungsplan, der vor allem auch den Bewohner*innen zugänglich ist, die zum Teil seit Jahrzehnten auf eine Sanierung ihres Baus warten“, sagt die Wohnbauexpertin und Währinger Grün-Bezirksrätin Barbara Ruhsmann. Zu wenige Ressourcen sieht sie auch bei der Gemeinwesenarbeit durch die „Wohnpartner“: „Konflikte zwischen Alteingesessenen und Neu-Zugezogenen stehen an der Tagesordnung. Hier spart die Stadt anstatt zu investieren.“
Auf der Tagesordnung stehen bei uns im Bezirks auch Konflikte um Häuser aus der Gründerzeit, die von Immobilienfirmen gekauft werden und abgerissen werden sollen. Seit 2018 ist das nicht mehr so leicht möglich, weil es dafür eine Genehmigung braucht. Allerdings lassen EigentümerInnen immer wieder Häuser so lange herunterkommen, bis eine „wirtschaftliche Sanierung“ angeblich nicht mehr möglich ist. Gleichzeitig werden MieterInnen unter Druck gesetzt, damit sie ausziehen, wie seit Jahren im Haus Radetzkystraße 24-26. Hier stellen wir uns hier seit langem hinter die MieterInnen und ihren Kampf. Das einst so umstrittenen Haus Hetzgasse 8 steht übrigens noch und wird gerade saniert. Es liegt mittlerweile in einer Schutzzone, die wir beantragt haben.